KARL MAY
Die Kriegskasse
„Eine kleine Episode aus einer großen Zeit „
Karl May lernt 1876 Emma Lina Pollmer (1856-1917) kennen, die er 1880 heiratet und unter deren Pseudonym er einige Erzählungen veröffentlicht: so auch 1878 – also noch lange vor seinem spektakulären Massenerfolg – „Die Kriegskasse“, die von der Zeit der Befreiungskriege und speziell des Rheinübergangs Blüchers bei Kaub 1813/14 erzählt. In ihrem Mittelpunkt steht Franz, ein Müllersohn aus St. Goar, der beim Schmuggeln von dem franzö-sischen Leutnant Jambrieu ertappt wird und flieht. Er kehrt als Spion in der Maske eines napoleonischen Soldaten zurück, entdeckt das Versteck einer feindlichen Kriegskasse, übergibt sie den Preußen und präpariert so das siegreiche linksrheinische Auftreten des 70jährigen Blüchers, des alten Marschall „Vorwärts“. Obwohl es sich nur um eine „kleine Episode aus einer großen Zeit“ handelt, finden sich in dieser frühen, historischen Novelle schon Hauptmotive des May‘schen Werks wie beispielsweise die Schatzhebung, die Lauschszenen und vor allem das Grundmuster vom geflohenen und heimlich, aber schließlich glorreich zurückkehrenden verlorenen Sohn. Bemerkenswert auch, dass die antifranzösische und prodeutsche Tendenz des Textes sich hier meistenteils auf das militärische Geschehen bezieht. Auch wenn sie zur Apotheose Blüchers führt, ist sie doch überwiegend frei von nationalistischen Vorurteilen.
Regie
GÖTZ BRANDT
( u.a. Redakteur, Drehbuchautor, Nationaltheater Mannheim, Staatstheater Mainz)